Unter Märchen im engeren Sinne versteht man die sogenannten Volksmärchen, die unterteilt werden in:
- Mythenmärchen,
- Zaubermärchen,
- Tiermärchen,
- Novellenmärchen,
- Schwankmärchen,
- sogenannte Warnmärchen für Kinder
- und viele Mischformen.
„Die früheste Form sind sicher Mythenmärchen, dann Tiermärchen, Zaubermärchen, Schwankmärchen und als späteste Ausformung die Novellenmärchen. In den Mythenmärchen geht es um die Entstehung des Kosmos und des Lebens überhaupt oder wie etwas überhaupt in die Welt gekommen ist, bei den Tiermärchen stehen Menschen und Tiere noch auf derselben Stufe und sprechen dieselbe Sprache. Sie heiraten auch ganz selbstverständlich untereinander. Beispiele dafür finden sich vor allem in den Märchen der Eskimo, der Indianer und in den afrikanischen Märchen.
In den Novellenmärchen (angelehnt an die Literaturform der Novelle) bleibt das Abenteuer, aber das Wunder ist verschwunden. An seine Stelle treten Scharfsinnproben, das Rationale gewinnt an Boden gegenüber dem Irrationalen.
In den Schwankmärchen wird gewöhnlich nicht gezaubert, es geht um menschliche Schwächen, um kauzige Menschen, um Kritik an der Gesellschaft, um Kritik an der Kirche, um Gerechtigkeit, aber oft ist es auch die pure Lust am Unsinn! Der gesunde Menschenverstand, Bauernschläue, List gewinnt gegen Stärkere und Mächtigere und stößt sie schon mal ganz vom Sockel. Und auch hier gibt es viele Mischformen.
Im weiteren Sinne wird der Begriff aber zu einem Sammelbecken für viele verschiedene Formen, außer den Volksmärchen kann man dazu auch Sagen, Legenden, Fabeln, Parabeln, Lebensweisheiten, Kunstmärchen , die moderne Fantasy-Literatur und natürlich sehr viele Mischformen zählen.( Es war einmal…illustrierte Geschichte des Märchens“, von Waltraud und Matthias Woeller, Leipzig 1990)
„Dass die Volksmärchen im Zeitstrom nicht verlöschen, hängt mit ihrem Wesen, ihrem Charakter zusammen: Gute Märchen können nicht erfunden, sondern nur erfahren werden. Es sind Erfahrungen auf der seelisch-geistigen Ebene des Menschen. Die so gewachsenen Märchen führen, obgleich sie scheinbar von prosaisch alltäglichen Vorgängen ausgehen, in die andere Welt, jene übersinnliche Sphäre, der der Mensch neben seiner irdischen Natur zugleich angehört. Sie berichten über die greifbare, dingliche Sichtbarkeit hinaus von den seelischen und geistigen Zusammenhängen, aus denen heraus wir in die dingliche Welt hineingeboren wurden und denen der Mensch zu seiner Prüfung und Selbstwerdung ausgesetzt ist.“ („…vergnügt bis an ihr Ende…“ Rudolf Geiger, Stuttgart 2003)